Ein Tiny House für den Garten: Ist das erlaubt?
In Deutschland und anderen europäischen Ländern sind seit einigen Jahren zwei Trends zu verzeichnen, die das Tiny House für eine immer größere Gruppe von Menschen interessant macht. Erstens werden die durchschnittlichen Temperaturen hierzulande immer höher, sodass die Outdoor-Saison in vielen Regionen bereits von März bis weit in den Oktober reicht. Und auch an manch einem sonnigen Wintertag tauscht man den Wohnzimmersessel gerne gegen den Liegestuhl im Garten.
Zweitens haben die Immobilienpreise längst einen Peak erreicht, der sie für einen Großteil der Menschen unerschwinglich macht. Aber: Braucht man unbedingt eine große Immobilie, um von einem Eigenheim zu sprechen? Gerade dort, wo viel Grundstücksfläche zur Verfügung steht, könnte ein Tiny House möglicherweise eine Alternative darstellen. Immerhin bedeutet das kleine Häuschen die volle Freiheit, wie man sie in einer Mietwohnung vergeblich sucht. Trotzdem sind die Baukosten in aller Regel so gering, dass man das neue Eigenheim mit keiner erdrückenden Hypothek beladen muss.
Hierzulande sind allerdings einige gesetzliche Auflagen zu erfüllen, bevor man sich den Traum vom Tiny House erfüllen kann. Und leider darf man das Haus auch nicht inmitten der freien Natur aufstellen, sondern ist auf die Wohngebiete beschränkt.
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Ein Tiny House ist kein Gartenhaus
In Deutschland macht der Gesetzgeber einen deutlichen Unterschied zwischen einem Gartenhaus, wie man es beispielsweise als Lagerraum, Werkstatt, Fahrradgarage oder Partyraum nutzt), und einem Tiny House. Zwar ist man auch bei einem Gartenhaus in den meisten Fällen verpflichtet, eine Baugenehmigung einzuholen. Da es sich bei einem Tiny House jedoch um vollwertigen Wohnraum handelt, sind die Auflagen hierzu deutlich strenger. Das gilt, wenn ihr ein Containerhaus kaufen wollt ebenso wie für ein Tiny House der Marke Eigenbau.
Denn anders als etwa in den USA; der ursprünglichen Heimat der Tiny House-Bewegung, muss ein Minihaus hierzulande an das Straßennetz und die häusliche Infrastruktur wie Elektrizität, Gas- und Wasserleitung sowie am die Kanalisation angeschlossen sein. Weitere Auflagen beziehen sich etwa auf den Blitzschutz, die Einrichtung und Belüftung des Badezimmers sowie auf die Fluchtwege. Diese Aspekte sind bei einem Fertig-Tiny-House natürlich bereits bedacht. Wie etwa bei dem erwähnten Containerhaus: Dieses Tiny House wird aus gebrauchten Seecontainern gefertigt.
Einige Hürden sind leider zu überwinden…
Wie bereits angesprochen genügt es nicht, für das Tiny House einen geeigneten Standort zu finden und zu besitzen. Der entsprechende Standort muss offiziell als Baugrund ausgewiesen sein, was die Standortfrage noch deutlich weiter einschränkt. Während man etwa in den USA ein großes Stück Land mitten im Nirgendwo kaufen und als Standort für das Tiny House nutzen kann, scheitert es hierzulande oft bereits an der Standortfrage.
Wenn der Garten als Standort für das Tiny House ausfällt, gibt es in der Nachbarschaft eventuell ein Sondergebiet, in dem die Auflagen für den Bau eines Tiny Houses weniger streng sind. Mancherorts gibt es sogar echte Tiny House-Siedlungen, in denen alle Grundstücke bereits erschlossen und für den Bau der kleinen Häuser zugelassen sind. Aber Achtung: Hier wie auch an anderen möglichen Standorten muss man für den Bau des Häuschens möglicherweise auch optische Vorschriften beachten: Oftmals entscheidet ein lokaler Bebauungsplan darüber, welches Tiny House in die Nachbarschaft passt.
Alle Informationen bekommt ihr bei der lokalen Baubehörde. Dort reicht ihr später dann auch die Baugenehmigung für eurer Tiny House ein.
Das Tiny House als Hauptwohnsitz?
Tatsächlich gibt es auch hierzulande immer mehr Menschen, die neben dem Tiny House keine weitere Wohnung mehr besitzen. Auch euch wird das vor kein allzu großes Problem stellen, wenn ihr euch in möglichst vielen der folgenden Punkte wiederfindet.
- Ihr besitzt selber ein unbebautes Baugrundstück oder könnt auf ein solches in der Familie beziehungsweise im Bekanntenkreis zurückgreifen. Manchmal ist der Garten des Elternhauses groß genug und darf tatsächlich bebaut werden. Aber auch darüber hinaus kann es nicht schaden, wenn ihr euch einfach mal umhört.
- Ihr habt ein gewisses Vermögen angespart, könnt und wollt damit aber keine „große“ Immobilie finanzieren. Ein Tiny House kostet deutlich weniger als das klassische Eigenheim und ist außerdem deutlich schneller errichtet.
- Ihr wollt euch die Option offenhalten, irgendwann umzuziehen. Wer ein Ein- oder Mehrfamilienhaus baut, fühlt sich in der Regel stärker daran gebunden als die Erbauerin beziehungsweise der Erbauer eines Tiny Houses. Auch das kleine Häuschen könnt ihr nach einem möglichen Umzug ohne Schwierigkeiten vermieten.
- Ihr genießt das Leben als Single oder Pärchen, Kinder beziehungsweise Haustiere sind in eurer Lebensplanung nicht vorgesehen. Ein Tiny House bietet so viel Platz wie ein kleines Ferienhäuschen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Ihr könnt Freunde zum Abendessen einladen und notfalls dient das Sofa im Wohnbereich auch mal als improvisiertes Gästebett. Über einen längeren Zeitraum wird es hier zu mehreren allerdings ganz schön eng.
- Ihr habt die Möglichkeit, einen Teil eurer Habseligkeiten anderswo zu lagern. Sofern ihr kein radikales Downsizing betreibt, werdet ihr mit eurer Kleidung und eurem Hausrat schnell an die Grenzen des Häuschens. Vielleicht könnt ihr im persönlichen Umfeld einen Kellerraum mieten. In einigen Städten gibt es sogar professionell organisierte Lagerhäuser, in denen ihr auch als Privatpersonen Stauraum mieten könnt. So braucht ihr euch nicht von liebgewonnenen Dingen zu trennen, auch wenn ihr sie im Tiny House eher selten benötigt.